rua. Kooperative für Text und Regie
Kooperative für Text und Regie

David Moser

David  Moser

Vita

https://www.davidmoser.de/about/david

David Moser wurde 1994 in Bonn geboren und arbeitete bis 2017 als Regieassistent und Regisseur am Schauspiel Frankfurt, bevor er Sprech- und Musiktheaterregie an der Theaterakademie August Everding in München studierte. Im Frühjahr 2020 gastierte er beim Studiengang Szenisches Schreiben an der UdK Berlin und wurde in die Studienstiftung des Deutschen Volkes aufgenommen. 

In der Spielzeit 2020/21 entwickelte er zusammen mit Laura Immler die Performance OUR EVERLAST BODIES für die Staatliche Kunsthalle Baden Baden. Anschließend führte er gemeinsam mit Laura Immler und Michael Akstaller die performative Studie INDEED, I HEARD SOMETHING AND SOMETHING HEARD ME im Bürgermeistergarten in München durch und inszenierte die Uraufführung von Michel Decars Stück REX OSTERWALD am Residenztheater. 

Seine selbstverfasste Abschlussinszenierung FAKE IT TILL YOU DIE BAKCHEN wurde in der Spielzeit 2021/22 zu mehreren internationalen Festivals, u.a. zum Körber Studio Junge Regie 2022 eingeladen.

Zusammen mit der Autorin und Dramaturgin Natalie Baudy schreibt und entwickelt er seit 2021 Theaterstücke wie die installative Inszenierung WER RASTET KANN AUCH IN DEN HIMMEL SCHAUEN an der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden. Ihr Stück und ihre Inszenierung SORRY, NOCHMAL - REISE ZUM GRUND DER SCHAM gewann im Mai 2022 den Publikumspreis beim Nachwuchswettbewerb "Einfach Radikal" am Theater Drachengasse in Wien.

In seinen Arbeiten beschäftigt er sich immer wieder mit Fragen nach Autentizität, dem Verhältnis von Kollektiv und Individuum, sowie Natur-Kultur-Komplexen.

Texte

Als die 15jährige Iphigenie, dem Brief ihres Vaters Agamemnons folgend, in der Küstenstadt Aulis ankommt, bietet sich ihr ein furchtbarer Anblick: Die Felder verdorrt, das Meer eine stinkende Brühe, das vormals ruhmreiche Heer ein Haufen müder Krieger:innen.
On top kommt der perfide Plan von Vater und Onkel: Iphigenie, Role Model ihrer Generation, soll zur Besänftigung der Göttin Artemis geopfert werden. Nur warum? Damit alles so bleibt wie immer? Damit Vater und Onkel weiter in sinnlosen Kriegen kämpfen? Zwischen kriegstreibendem Patriarchat, Social Media Pressure und eines erhitzen Planeten hin- und her geworfen, begreift Iphigenie, dass ihr ihr Bild und wofür sie stehen wollte, längst aus der Hand genommen wurde. Während die Herrscherfamilie in Streitigkeiten versinkt und das Volk den Anfang vom Ende des als unendlich versprochenen Wirtschaftswachstums zu spüren bekommt, beschließt Iphigenie sich aus freien Stücken zu opfern.

LET THEM EAT IHIGENIE fragt zweierlei: Ob die Menschheit immer noch Held:innen braucht, wenn sie vor allem eine Funktion haben: nämlich die patriarchale und kapitalistische Gesellschaft zu sichern. Und ob wir selbst zu Iphigenie werden sollten?
Vier junge Bot:innen im Gefolge der Iphigenie spielen in dieser Überschreibung alle Rollen und fragen nach der Verantwortung einer jüngeren Generation für die ignoranten Taten ihrer Eltern.

Leonce und Lena sollen heiraten, haben aber beide keine Lust dazu und beschließen abzuhauen. Soweit so bekannt. Darüber hinaus hält die poetische Überschreibung von Natalie Baudy und David Moser viele neue Features bereit: Der Papa von Lena lässt sich mit Herr Königin ansprechen und hat die Hochzeitsfeier der zwei Königskinder ins Metaverse verlegt. Warum das aussieht wie eine stinknormale Theaterbühne? Vielleicht weil digital und real sich ineinander auflösen, wie auch die vielen Zitate aus dem Original von Büchner mit der Neuadaption auf wundersame Weise korrelieren. Valerio, Leonce und Lena beschließen jedenfalls angesichts der realpolitischen Dauerkrisen die Flucht nach innen. Zusammen mit Büchner wird daraus: „Italien-innen“: ein Ort der nicht Italien ist, aber sich wie Italien anfühlt. Draußen tobt der Klimawandel, im Netz landen die beiden irgendwann in der Ödnis des Quellcodes. Doch jeder Absturz beinhaltet auch die Möglichkeit eines radikalen Neuanfangs. Mit einer Hochzeit zu dritt überwinden Leonce, Lena und Valerio nicht nur Klassenunterschiede, sondern überschreiben die heteronormative Liebe mit den Möglichkeiten der zärtlichen Freundschaft. Sich den Herausforderungen der Welt gemeinsam zu stellen, könnte auch Spaß machen.

Die phlegmatische Weltgesellschaft weiß nicht weiter. Und nach der "großen Enttäuschung" – als es nicht zum ultimativen Krieg kam – nur ein großes Nichts. Es braucht dringend Euphorie und Energie. Deshalb: Werft die Reaktoren wieder an! Für einen edgy Wahlkampf, für einen Wirtschaftsaufschwung, für oder gegen oder wegen eines Kriegs?

Beuschel, Pomp und Bobby Duffy, die Wissenschaftler:innen, die gefühlt schon unzählige Jahre das Abklingen der Brennstäbe protokollieren, reagieren skeptisch auf das (Theater-)Publikum, das sie in ihrer routinierten Isolation stört. Sie fürchten Politiker:innen, Promis, Populisten und – am allerschlimmsten! – Podcaster, die sich in ihre Arbeit einmischen wollen.

Sie wollen nichts erklären – und fangen doch an. Aber wie lässt sich Komplexität vermitteln, ohne sie zu banalisieren? Und wie schützt man sich vor Opportunismus und Größenwahn?

THE SKY IS DER HIMMEL ist ein nachdenkliches, hochaktuelles Stück über Wissensvermittlung und Verantwortung, über die Verlockung der Technokratie. Es handelt von der faszinierenden Schönheit und dem finsteren Schrecken der größten Kraft im Universum. Eine ebenso kluge wie absurde Verhandlung der modernen prometheischen Versuchung mit offenem Ausgang.

Regie

Extras

THE SKY IS DER HIMMEL
von Natalie Baudy und David Moser
schauspiel erlangen
Uraufführung: 29.03.2025