Sarah Kilter ist 1994 in Berlin als Tochter eines algerischen Vaters und einer Berliner Mutter geboren und wuchs zwischen Wedding und Charlottenburg auf. Von 2016 bis 2020 studierte sie Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin und holte parallel ihr Abitur an der Abendschule nach. Seit ihrem Abschluss an der UdK Anfang 2020 arbeitet sie als freiberufliche Autorin für Theater und Hörspiel sowie als Drehbuchautorin für Film und Fernsehen.
Ihr Theaterstück White Passing ist eines von drei Gewinnerstücken der Berliner Autor:innentheatertage 2021 und wurde in der Regie von Thirza Bruncken vom Schauspiel Leipzig uraufgeführt. Die Premiere fand im Rahmen der langen Nacht der Autor:innen am Deutschen Theater Berlin statt. 2022 wurde White Passing außerdem für den 47. Mülheimer Dramatikpreis nominiert. In der Kritiker:innen-Umfrage der Zeitschrift Theater heute wurde Sarah Kilter zur Nachwuchsdramatikerin 2022 gewählt. 2022 wurde mit Lamia in der Regie von Süheyla Schwenk Sarah Kilters erste ARD/Degeto-Serie veröffentlicht. In der Spielzeit 2024/2025 wird ihr neuestes und vom Deutschen Literaturfonds gefördertes Theaterstück Von Wunden und Wundern am Schauspiel Leipzig uraufgeführt.
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Ganz in der Nähe einer stinknormalen deutschen Kleinstadt liegt ein Wald, der allen Menschen nur unter einem einzigen Namen bekannt ist: Müllheim. Das ist kein Scherz, denn in Müllheim gibt es außer der 1000-jährigene Eiche keinen einzigen Baum, der nicht täglich mit neuem Müll belagert wird. Auch sonst ist vieles in Müllheim ganz ähnlich zu der uns bekannten Welt. Während Elf Rollo gerade seine Elfenbeine warm macht, um für die Bundeselfenspiele zu trainieren und Elfe Rizza nach einer Ausrede sucht, um den Sportwettkampf zu schwänzen, fragt sich Elfenfee Nikka wie jedes Jahr: Warum Elfenfeen von den Bundeselfenspielen ausgeschlossen sind? Rizza und Rollo und alle anderen Elfen im Wald sind sich einig: "Eine Fee bleibt eine Fee und wird niemals eine Elfe sein, denn eine Fee besitzt kein Elfenbein!" Doch Nikka hat genug von den radikalen Zuordnungen dieser Welt und begibt sich auf die Suche nach Eseir, dem Sohn einer Riesin und eines Zwergs. Sie will verstehen, was es heißt, zwei Dinge auf einmal zu sein. Auf ihrer Reise durch Müllheim begegnet sie dabei nicht nur rostigen Wäscheständern, zerknautschten Plastikflaschen und alten Mikrowellen, sondern auch Niemand Müller, der völlig überforderten Präsidentin von Müllheim. Am größten Müllberg trifft sie auf Eseir, der Zwerg und Riese und alles dazwischen zur gleichen Zeit ist. Und durch einen Zufall verschafft Eseir Nikka dann doch noch den Zugang zu den Bundeselfenspielen.
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Der Deep Impact, das ist nicht der Kometeneinschlag, das ist der Eindruck, den der Vater hinterlässt.
Island 2035. Ein Helikopter setzt die dreißigjährige Joelle im menschenleeren Eyjolfsstadir ab. Bei ihrem ersten Einsatz als "Weltretterin" betreut sie die etwas veraltete erste CO²-Away-Absauganlage. Diese Anlagen überziehen mittlerweile den Planeten, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Einziger sozialer Kontakt Joelles: ein Bot ihres Vaters, mit dem sie sich am liebsten über Filmzitate aus Filmklassikern wie Deep Impact und Heat austauscht, um Verbundenheit zu simulieren. Bei einem Notfall in der Anlage stößt Joelle auf die Logbucheinträge ihrer Vorgängerin Tiga, die sich auf der Insel mit etwas infiziert hat, was streng verpönt ist: Der Glaube an etwas Übernatürliches. Joelle nimmt Kontakt mit Tiga auf, die jetzt eine Anlage in Berlin, das wegen der sauberen Luft Massen an Gesundheitstourist:innen anzieht, wartet. Ein zartes Freundschaftsband entspinnt sich zwischen den beiden vereinsamten jungen Frauen. Als CO²-Räuber die Anlage in Berlin stürmen, findet Tiga heraus, dass sich in den Tanks gar kein CO² befindet. Sind die Absauganlagen nur Fake, um die letzte Generation in Sicherheit zu wiegen? Tiga weiht Joelle in ihre Entdeckung ein, doch die hat plötzlich auf der Insel mit einer weirden Hippiefrau zu kämpfen, die behauptet, die Anlage würde Gott absaugen...
Ein Science-Fiction über Glauben als Grundkonstante menschlichen Seins, in dem die Narrative von Katastrophenfilmen längst Realität geworden sind.
2 Spieler:innen, frei zur UA
Die Aufführungsrechte von Lars Werner liegen bei Hartmann & Stauffacher.
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Mein Leben ist eine Spanholzpatte. Aber das reicht ja nicht. Man will ja nicht die Rückwand eines Ikea Regals sein.
Eine Autorin begegnet ihren Figuren in ihrem eigenen Text. Sie heißen Sie, Sie2, Er und Jan. Sie sprechen und besprechen von und über die Angst vorm Rechtsabbiegen, "deepe Botschaften" – vorzugsweise im Theater – und die immer wieder fehlende Anerkennung durch andere. Sie sind unsicher und getrieben vom Sinn und Unsinn ihres Figuren- und Autorinnen-Daseins. Denn Sehnsucht kann ja nicht einfach so nachgespielt, sondern sollte doch gelebt werden, live und echt. Außerdem schreiben doch Menschen ohne Probleme, eigentlich keine guten Texte. Oder? Wie verhandelt eine Autorin beispielsweise die Gegenwart? Mit Unterhaltung? Zu primitiv. Mit etwas Politischem? Zu moralisch. Mit einer Liebesgeschichte? Tausendmal gesehen. Und was bleibt, wenn all diese Wege permanent in Frage gestellt werden? In jedem Fall eine Autorin und ihre Figuren sowie das gemeinsame Suchen, Fragen und Nicht-Verstehen. Und die Gegenwart selbst. Ist die nicht auch einfach nur der Raum zwischen Assoziation, Logik und den vielen unperfekten Momenten. Das Schreiben über sie, also die sogenannte Gegenwartsdramatik, schenkt diesem Raum dann wiederum eine Geschichte wie die von Mädchenliegestütz. Oder?
4 Spieler:innen, Frei zur UA
Zur Hörspielversion des Deutschlandfunks geht es hier. (03.03.2021)
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Wenn wir ein Haus haben, dann will ich jeden zweiten Tag in meine Crocs schlüpfen und mit der vergilbten Tupperschale, die schon meine Oma benutzt hat, durch unseren Garten laufen und alles darin auf dem Kompost entleeren.
SIE und ER leben gemeinsam in ihrer 50qm Wohnung mit Klicklaminat, ohne Balkon, in einer beliebigen Großstadt. Sie hat einen ständigen Begleiter: Die Angst. Sie fürchtet sich vor sämtlichen Dingen, die außerhalb der Wohnung auf sie warten: Lärm, den Straßenverkehr und jeglicher zwischenmenschlicher Interaktion.
Er träumt vom gemeinsamen Kind, sein zweites, für das er dann aber diesmal wirklich Verantwortung übernehmen will. Ihre einzige Verbindung zur Außenwelt: das Warten auf den Telekomtechniker, der Amazon-Locker vor der Haustür und die monatlichen Termine bei Max, ihrem Osteopathen. Und so versucht das Paar der sicheren Einöde ihrer vier Wände mit Hilfe eines Rollenspiels zu entfliehen und dabei wird schnell klar, dass die Grenze zwischen Realität und Fiktion immer weiter in sich zusammenfällt. Denn ein anfänglich harmloser Tätowierversuch im eigenen Wohnzimmer führt schließlich zu einer handfesten Auseinandersetzung über die Frage nach Privilegien, Klasse und die scheinbare Unvereinbarkeit ihrer unterschiedlichen Biografien.
Und als dann eigentlich alles in Trümmern zu liegen scheint, taucht aus dem Nichts Frau Hunzen auf und durchbricht die tabulose Zweisamkeit mit ihrem, zugegeben sehr robusten, Wesen. Dabei wächst aus dem zuvor aussichtlosen Konflikt des Paares plötzlich ein Hoffnungsschimmer, der vielleicht ja doch der romantischen Zweierbeziehung ihre Daseinsberechtigung gibt. Doch der Versuch die Beziehung von SIE und ER als etwas Besonderes zu legitimieren, scheitert und es wird klarer denn je: Wunder und Wunden, das sind keine magischen Begebenheiten, sondern unabdingbare Merkwürdigkeiten des Lebens.
3 Spieler:innen
UA: 14.09.2024, Schauspiel Leipzig, Regie: Marco Damghani
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Eine junge Frau mit Kunstambitionen, der ihr Migrationshintergrund weder anzusehen noch an ihrem Namen abzulesen ist, sitzt tagein tagaus im Einsteincafé in Charlottenburg. Als sie am Tag ihres Geburtstags nachhause kommt, parken vor der Tür SUV und Rennrad ihrer Freunde Max, Jule und Thomas. Kurzerhand nimmt die junge Frau Reißaus: Richtung Wedding, in die Badstraße. Dahin zurück, wo sie zweitweise bei ihrem algerischen Vater aufgewachsen ist, dahin wo sie in ihren Cousin mit den vom Sprayen bunten Fingernägeln verknallt und Bushido ihr alleiniger Held war. Mittlerweile hat sie Bushido durch Böhmermann ersetzt, hortet Tonnen von Hafermilch in ihrer smarten Wohnung mit den Designermöbeln und Max, Jule und Thomas scheinen geradewegs dem biodeutschen Akademikerbilderbuch entsprungen. Im Theater. Das Stück einer jungen Autorin namens Sarah Kilter wird aufgeführt. Ähnlichkeiten mit der Hauptfigur sind nicht zufällig, sondern reine Absicht. Zwei typische Repräsentant:innen der Theaterblase, die ehemalige Gymnasiallehrerin der Autorin und ein weitgereister Arzt tappern munter in jede Zuschreibungsfalle, die sich vor ihnen auftut, während im Untergrund ein namenloser Chor der sogenannten deutschen Mehrheitsgesellschaft mit pointiertem Witz zu Leibe rückt: -Woran erkennt man einen Deutschen, der nichts gegen Ausländer hat? -Er wird es dir sagen.
UA: 04.09.2021, Deutsches Theater (ATT), Koproduktion mit dem Schauspiel Leipzig, Regie Thirza Bruncken Mindestens 3 Spieler:innen