Morgengrauen. Can steht gedankenverloren vor der JVA Tegel. Angelehnt an sein Auto, ein Mercedes 230E, Baujahr 1982 - es ist so alt wie er - raucht er: Das ist also alles, was von seinem erfolgreichen Geschäftsleben übrig geblieben ist. Er, das Kind von Arbeitereltern aus Kreuzberg, hat mit Fälschungen von Designerkleidung und Markenuhren das große Geld gemacht. Und jetzt muss er den Preis dafür zahlen. Aber dafür ist er nicht der Typ. Statt fünf Jahre ins Gefängnis zu gehen, will er nach Istanbul fliegen. Für immer.
BERLIN ORANIENPLATZ erzählt vom letzten Tag eines jungen Mannes in Berlin, der die Menschen und Orte besucht, die er bei dem Versuch seiner Herkunft zu entkommen, verlassen und vergessen hat. Die mittlerweile arbeitslosen Eltern, seine Jugendliebe, die jetzt mit einem anderen Freund von damals ein Kind und eine Eigentumswohnung hat, ein Kindheitsfreund, der einen erfolgreichen Jazzclub betreibt, eine Hinterhofmoschee – Can will sich still von seinem Berlin verabschieden, das ihn zu dem gemacht hat, der er ist. Aber langsam merkt er, dass die Stadt, die er zurücklassen will, eine andere geworden ist als das Berlin in seinen Erinnerungen. Die Bilder der Vergangenheit machen ihm eines klar, so wie in einem Gedicht von Kavafis: Egal wo du hingehst, diese Stadt wird mit dir kommen!
Hakan Savaş Mican

Vita
Hakan Savaş Mican, 1978 in Berlin geboren und in der Türkei aufgewachsen, zog 1997 zurück nach Berlin und machte dort 2004 sein Diplom in Architektur. Danach studierte er Regie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Seit 2008 arbeitet er am Theater. Er inszenierte zahlreiche eigene Stücke, Klassiker und Romanadaptionen u.a. am Ballhaus Naunynstraße, Staatstheater Mainz, Thalia Theater Hamburg, und Theater Oberhausen. Seit 2013 ist er Hausregisseur am Maxim Gorki Theater Berlin.
Texte
1990ff. Mauern fallen, Systeme gehen kaputt, Grenzen werden neu gezogen und ein Junge aus Neukölln verliebt sich in ein Mädchen aus Marzahn. Cem’s Mutter Esma, eine Fabrikarbeiterin, hat große Pläne mit ihrem Sohn. Er soll es im Leben einmal besser haben als sie. Gaby, ein ehemaliger Opernstar der DDR, will dass ihre Enkelin Lisa an den größten Opernhäusern der Welt singt. In Gabys Traum kommt eine Liebesgeschichte mit einem „Mohammedaner“ nicht vor. So nehmen also Lisa und Cem ihre eigene Lebensfahrt auf, in einer besonderen Stadt und zu einer Zeit, die vieles möglich macht und in der sich vieles entscheiden wird. Die Liebe wächst, doch ihre Protagonist*innen auch. Lisa und Cem müssen sich neu orientieren, lösen sich von Familientraditionen und suchen für ihre Träume Anschluss an ein komplett neues System. Nach einer Dekade wird das Leben und seine Zwänge sie an einen Punkt gebracht haben, an dem es kein Miteinander mehr gibt.
Der dritte Teil von Hakan Savas Micans Stadt-Trilogie "Berlin Karl-Marx-Platz" ist ein Singspiel über das Verschwinden der Arbeiter*innenklasse und eine Liebeserklärung an viele verloren gegangene Träume der 90er in Berlin.
Adem steht auf einem Treppenabsatz.
Rechts wohnt die israelische Akademikerin Moria, seine Nachbarin und Freundin zugleich. Sie sind eines dieser Paare, das wie geplant in drei Tagen in eine gemeinsame Wohnung ziehen, Kinder kriegen und eine Familie gründen wird, oder aber jede Sekunde sich trennen könnte.
Links wartet seine Mutter Meryem auf ihn. Ihr Sohn, der sie liebt und verachtet, ihre Rente und das zahllos angesammelte Geschirr im Keller, das sie jetzt mitnehmen will, sind ihre letzten Verbindungen nach Deutschland. Sie besucht ihn ein letztes Mal um endlich wiedergutzumachen, dass sie ihn als Kind in der Türkei "geparkt" hat.
Adem wüsste gerne, wo er klingeln soll. Bei einer Vergangenheit, die er am liebsten auslöschen will oder bei einer Zukunft, die ihm panische Angst macht.
Hakan Savaş Mican erzählt in BERLIN KLEISTPARK den Versuch einer Liebe frei von familiären Wunden und die Suche einer unentschlossenen Generation nach Vertrauen.
Auf der Suche nach dem eigenen Platz in einem Land auf das alle Hoffnung gesetzt und diese dann schneller als gedacht wieder zum Platzen gebracht wurde, kämpfen sich Fatma und ihr Sohn Dinçer durch die unnachgiebigen deutschen Verhältnisse. In einem ewigen Wechsel von Fürsorge und Abwehr blickt "Unser Deutschlandmärchen" von Dinçer Güçyeter auf die Herausforderungen der beiden Protagonist*innen in Beruf, Alltag und vor allem im Zwischeneinander. In der Fassung von Regisseur Hakan Savaş Mican wird diese Familiengeschichte als eine komische und emotionale Reise durch Sehnsüchte, Schicksalsschläge und natürlich die Liebe erzählt.
Regie
Extras
VATERMAL
von Necati Öziri
Maxim Gorki Theater Berlin
Premiere: 21.12.2024
UNSER DEUTSCHLANDMÄRCHEN
von Dinçer Güçyeter
Maxim Gorki Theater Berlin
Uraufführung: 06.04.2024